
Wie tickt sie nun, die junge Zielgruppe? Die Millennials, die Digital Natives, die Generation Y, wie man sie auch nennt. Sie ist hochgebildet, geboren zwischen 1980 und 1999, aufgewachsen mit Internet und Mobilität sowie getrieben durch die Sinnsuche in Beruf und Leben.
Wir, d.h. zwei Kollegen und ich, haben uns dazu mit einer Abschlussklasse eines Hamburger Gymnasiums zusammengesetzt und mit ihnen gesprochen, um es aus erster Hand zu erfahren. Dafür haben wir im Vorfeld einen Onlinefragebogen zu den Themen Musik & Radio, Social Media und Disruption ausfüllen lassen, daraufhin Schwerpunkte erarbeitet und diese in einem fünfstündigen Gespräch mit den Schülern diskutiert. Eingehen möchte ich jetzt auf die digitale Nutzung.
Website? Was ist das?
Gunnar Lahmann, Bereichsleiter Marketing & Kommunikation (Foto: Thomas Pritschet / more Marketing)
Sicher ist diese Aussage überspitzt. Dennoch muss sich jeder von den Millennials fragen lassen, warum er sich die Mühe machen soll, den Namen einer Website in ein Suchfeld eingeben zu müssen. Hinzu kommt, dass die Zielgruppe meist mit mobilen Devices unterwegs ist und obwohl die Daumen fast in Schallgeschwindigkeit über das Display springen, kostet es der Zielgruppe schlicht zu viel Zeit, um schnell an das gesuchte Ergebnis zu gelangen.
Die Frage eines Schülers: „Welchen Inhalt bietest Du denn an, dass sich dieser Aufwand für mich lohnt?“– Eine, aus meiner Sicht, völlig gerechtfertigte Frage, die man sich allerdings für alle Zielgruppen stellen sollte.
Bist Du nicht in der Timeline oder auf Seite 1 von Google, existierst Du nicht!
Keine völlig neue oder überraschende Erkenntnis: Die Generation Y will Pull und keinen Push mehr. Die Relevanz des Produktes oder der Marke muss so groß sein, dass man ihr erlaubt bei ihnen auf der Timeline stattzufinden. Einmal in den Kreis der erlauchten Marken zugelassen, heißt es in dem „Werbegewitter“ (O-Ton eines Schülers) wieder um Aufmerksamkeit kämpfen zu müssen. Größere Chancen in der Wahrnehmung erhält die Marke dabei über Videoinhalte.
Natürlich ist die „Generation Kopfhörer“ nicht völlig taub oder unbeeinflusst von Werbung über Pushmedien, wie z.B. Radio- und Audiowerbung. Ist es jedoch ein Wunsch in einen Dialog mit der Zielgruppe zu gehen, ist ein gutes SEO und/oder SEA sehr hilfreich. Wenn sich die Digital Natives schon die Mühe machen, mit der erinnerten Marke und deren Botschaft zu interagieren, muss diese auch sofort auffindbar sein – und zwar auf Seite 1 bei Google, denn die Website www.coolesProdukt.de/geilesAngebot/nurheute/ hat sich keiner gemerkt.
Social Media, aber wo?
Gefragt nach der Häufigkeit der genutzten Social Media Kanäle liegt WhatsApp weit vorne, gefolgt von Instagram und Snapchat oder Snap, wie es heute heißt. Auch hier ist zu sehen, dass das krisenerschütterte Unternehmen Twitter, wie im gesamten Markt, deutlich an Relevanz verloren hat. Ähnlich bedeutungslos hat sich in dieser Gruppe das Medium Pinterest hervorgetan.
Frage: Welches Netzwerk nutzt Du wie häufig?*
Antwortmöglichkeit: Fast Ständig
Antwortmöglichkeit: Selten oder nie
*Achtung: Fallzahl 21′, Alter: 16-18
Auf die Frage, auf welchen Social Media Kanal die Schüler am ehesten verzichten würden, lag Facebook ganz weit vorne. Auch das ist keine große Überraschung, da diese Zielgruppe den Fokus auf das SOCIAL in Social Media legt. Wichtig ist ihnen die Interaktion mit Freunden, am liebsten in Echtzeit und nicht gesteuert durch einen Algorithmus. Da auf Facebook über die Jahre schlichtweg so viele Marken geliket wurden, sind Posts von Freunden aber kaum noch zu finden. Wer jedoch glaubt, die junge Zielgruppe sei über Facebook nicht mehr zu erreichen, liegt hier aus meiner Sicht falsch. Wie aus einer Studie von comScore vom Dezember 2015 hervorgeht, sind die durchschnittliche Nutzungsdauer und die Reichweite bei Facebook, verglichen mit anderen Social Media Kanälen, unerreicht.
Grafik: comScore
Bei Facebook geht es also, wie bei jeder Art von guter Werbung, um relevanten Content in sympathischer Verpackung. Während auf Facebook die Interaktion mit den Millennials also durchaus möglich ist, gestaltet sich das bei einem Kanal wie Snap deutlich schwieriger. Keiner der Schüler folgt einer Marke auf Snap oder plant das. Aus ihrer Sicht kann eine Marke dort nur indirekt stattfinden, über eine Person, die für die Marke steht – also eigentlich ein Influencer. Auch hier spiegelt sich das Verlangen wider, mit echten Personen in Kontakt zu stehen. Menschen folgen eben dann doch eher Menschen als Marken.
Inhalte bitte nur, wenn sie auf mich zugeschnitten sind.
Personalisierung ist für diese Zielgruppe unausweichlich. Nicht nur dass die Generation Y wenig bis keine Arbeit mit der Suche nach Inhalten haben möchte, hinzu kommt, dass der Content bitte auch auf sie zugeschnitten ist. Angepasst auf Ihre Bedürfnisse über die Sprache, Länge, Aufarbeitung und optimiert auf den jeweiligen Kanal. Dafür sind sie dann im Gegenzug auch bereit ihre Daten freizugeben. Bei knapp 70% reicht schon ein einfaches Gewinnspiel als Mehrwert. Danach folgt schon der Punkt Personalisierung mit knapp 45%. Die Daten werden auch bewusst für Werbung zur Verfügung gestellt, denn auch hier gilt: Bitte nur Inhalte, die relevant für mich sind. Nerve mich nicht mit Produkten, die mich nicht interessieren. Nur knapp 20% halten Ihre Daten für „heilig“ und halten diese unter Verschluss.
Und nun?
Was heißt das nun für mich als Werbetreibenden? Speziell für jemanden im regionalen Bereich, dessen Etats sich vielleicht nicht mit denen von Big Spendern, wie Red Bull oder Coca-Cola messen lassen können. Ich glaube, im ersten Schritt Ruhe bewahren. Social Media Kanäle benötigen viel Zeit und Ressourcen. Die Kanäle müssen authentisch geführt werden und können kein „Nebenbei-Produkt“ sein, denn dann haben sie auch keinen Erfolg. Die jugendliche Zielgruppe bewegt sich immer schneller und mit ihnen auch die Halbwertszeit vieler sozialer Medien. Da habe ich mich gerade in einen Kanal eingearbeitet, Personal abgestellt und dann verlassen die Millennials den Kanal schon wieder, weil sich plötzlich auch die Eltern und Großeltern auf der Plattform tummeln. Manchmal ist die Lösung auch Social Media als weiteren Werbekanal zu betrachten. Die meisten Kanäle bieten erschwingliche Kampagnen mit einem guten Targeting und für die Massenkommunikation gibt es ja auch immer noch das gute alte Radio…